Eine Ausstellung im Showroom zeigt Prototypen der Weidenarchitektur des Archivs der Zukunft: 3D gedruckte Astgabeln und robotergeschweisste Baumstämme.
Der Architekturentwurf für das neue Haus am Marktplatz verbindet modernste Technik mit der Korbmachertradition der Stadt Lichtenfels. Das Grundmaterial der Korbflechterei sind Weiden. Der Glaspavillon des neuen Gebäudes wird überwölbt von zwei Bäumen aus Stahl, deren Konstruktion innovativ und neuartig ist.
Ihre Realisation stellt Architekten und Bauherren vor große Herausforderungen. Zuverlässige Statik und Haltbarkeit sowie die visuelle Strahlkraft sollen gesichert sein. Die Ausstellung im Showroom zeigt Prototypen aus dem Entwicklungsprozess der Weidenarchitektur. Sie stellen Stationen auf der Suche nach der besten Lösung dar. Wir geben hier einen Einblick und zeigen Fotos der verschiedenen Ausstellungsobjekte.
Der Algorithmus der Weiden
Die Architekten haben die Form der Weidenarchitektur von einem Programm errechnen lassen. Dazu wurden biologische Wachstumsstrukturen abstrahiert und in Algorithmen übersetzt. Ausgehend von einem Quellcode hat sich so die Form der künstlichen Weiden in generativen Schritten selbstständig entwickelt. Zu Beginn der Suche nach der besten Technik zur Umsetzung des abstrakten Weidenmodells in eine Stahlarchitektur entstanden diese Prototypen.
Zu innovativ?
Die Astgabel wurde mit 3D-Druck im Metallsinter-Verfahren hergestellt, die Äste aus Vierkantrohren angeschweisst. Das Material ist Edelstahl, der nach der Fertigstellung so hoch erhitzt wurde, dass er bräunlich oxidiert. Das sieht gut aus und kommt der natürlichen Rindenfarbe nah, ist jedoch nicht haltbar genug.
Die 3D-gedruckten Astgabeln werden von den Bauaufsichtsbehörden nicht zugelassen. Das Verfahren ist neu und die Stabilität noch zu unerforscht. Hier müssten aufwendige Prüfverfahren vorangehen, bevor 3D-gedruckte Stahlelemente dieser Art eine Zulassung zur Verwendung beim Bau bekommen könnten.
Eine Skulptur mit Gewicht

Dieses Modell ist aus einem massiven Stahlblock gefräst. Der sehr ästhetische Prototyp gleicht einer Skulptur, ist jedoch als Bauteil für die Umsetzung der Weidenarchitektur viel zu schwer und in der Herstellung zu teuer. Er diente den Architekten jedoch dazu, die Umsetzbarkeit des Entwurfs aus quellcode-basierten Algorithmen zu überprüfen. Sind die Formen, die ein Computer selbstständig und auf Basis der aus der Natur entlehnten und vereinfachten Informationen errechnet hat, auch realisierbar?
Ein gewagter Vorschlag
Ein sehr neuartiges 3D-Druckverfahren ist das WAAM (Wire Arc Additive Manufacturing), bei dem das Bauteil mit einem Metalldraht und in Schweißtechnik Stück für Stück und lagenweise aufgebaut wird. Diese beiden 3D-gedruckten Modelle entstanden im Zuge der Überlegungen, ob das WAAM Verfahren zur Herstellung der Baumstämme angewandt werden könnte. Theoretisch wäre das möglich, doch in der Praxis ist auch diese Methode noch zu unerprobt, als dass sie den hohen Sicherheitsanforderungen an ein Gebäude wie dem des Archiv der Zukunft genügen könnte.
Ganz nah am Ziel

Die dem Architekturentwurf zugrunde liegende Idee ist es, den Quellcode der natürlichen Weide in ein mathematisches Vektorenmodell zu übertragen und dieses schließlich in eine reale Stahlstruktur zu übersetzen.
Die dabei vollzogene Abstraktion der Weidenbäume soll sich möglichst direkt in der Architektur wiederspiegeln. Dieses Ziel verfolgen die Prototypen, die die Firma Gföllner aus Oberösterreich aus Vierkantrohren in Roboter-Schweisstechnik angefertigt hat. Die Beschichtung im Duplex Verfahren auf verzinktem Stahl erreicht genau den Glanz und hohen Kontrastumfang, der die künstlichen Weiden perfekt in Szene setzen wird.